Langsam kommt Licht ins Dunkel der anstehenden Bundesratswahlen. Noch vor gut einem halben Jahr sah es sehr schlecht aus für Eveline Widmer-Schlumpf.
Bei der SVP war sie als ehemaliges Mitglied nun persona non grata, bei den Linken unbeliebt als hart durchgreifende Justizministerin und in der Mitte fürchtete man die neue Konkurrenz der BDP. Doch seither hat sich eine Partei nach der Anderen hinter die neue Finanzministerin gestellt: Grüne, SP und CVP erklären nun, sie wollen Eveline Widmer-Schlumpf wiederwählen. Zusammen mit der BDP verfügen diese Parteien über 128 Sitze in der vereinigten Bundesversammlung (von insgesamt 246). Somit scheint ihre Wiederwahl gesichert, selbst ohne Unterstützung durch die GLP und durch Teile der FDP.
Spannender ist hingegen die Frage, ob es der SVP gelingt, einen zweiten Bundesratssitz auf Kosten der FDP zu erhalten. Obwohl die FDP aus arithmetischen Gründen kaum Anspruch auf einen zweiten Sitz hat (siehe hierzu die interessante Analyse von Oliver Dolder unter http://www.lu-wahlen.ch/kolumnen/olivier-dolder/news/2011/11/22/945-warum-konkordanz-nicht-2-2-2-1-bedeutet-und-warum-die-fdp-kein-anrecht-auf-zwei-sitze-hat/), sind ihre Chancen intakt. Die SP will nur einen Angriff auf den FDP-Sitz akzeptieren, während die SVP ihren politischen Verbündeten FDP nicht angreifen will. Das kurzfristige Austauschen eines Kandidaten wegen einer Leiche im Keller (nur im übertragenen Sinne) hilft der SVP ebenfalls nicht, auch wenn sie nach wie vor mit zwei moderaten Kandidaten antritt.
Hält die SVP an ihrer Strategie fest, den FDP-Sitz nicht anzugreifen, geht sie wohl leer aus. Ändert sie jedoch ihre Strategie noch und greift auch den FDP-Sitz an (und dafür gäbe es gute Gründe), dann wird es im sechsten Wahlgang richtig spannend: Hält die SP ihr Versprechen und unterstützt einen SVP-Kandidaten, dann steht der Entscheid auf Messers Schneide.